Er hatte sie an ihrem Optimismus zugewandten Lächeln erkannt. Jeden Morgen sah er sie auf der anderen Seite der Gleise wie sie ihren sportlichen Körper gerade über die Barriere schwang. Sie trug einen mintgrünen Pullover, eine locker sitzende graue Hose und weiß-graue Sneakers. Ihre langen braunen Haare wehten im Sprung und ihre geschwungene Augenpartie hatte […]
Schwelle
Er drückte sie gegen die Haustür, sie zog ihn an sich. Sie küssten sich. “Penis”, kreischten ein paar vorbeistreifende Jugendliche aus der Dunkelheit. Er flüsterte ihr etwas ihs Ohr, sie lachten, und drückten sich innig. Dann löste er sich von ihr und ging die Straße hinunter. Sie küsste ihre Hand und winkte ihm hinterher. (54)
Zeitmaschine
Sie bekam das Bild einfach nicht mehr aus dem Kopf. In ihrer Erinnerung hatte sie ihr ein Denkmal gebaut, und umso mehr sie es zerstört hatte, desto größer wurde ihre Trauer über die Schönheit, die es einst besessen hatte.
Die Rechnung, bitte!
Sie hatten nicht zu Ende geredet, noch nicht einmal zu Ende gegessen. Er war nur kurz zur Toilette gegangen, da hatte schon dieser Typ dort gestanden. “Ich werde mit ihm gehen”, sagte sie und stand auf. “Die Rechnung, bitte!”, rief er und setzte sich. Dann ging sie davon, und er bezahlte. (50)
Schlüssel
Jetzt ist der Raum dunkel, denn alle Türen haben sich inzwischen geschlossen. Deine Augen sehen nicht, nur der Schlüssel in dir leuchtet noch den Weg. In diesem Moment setzt sie sich zu dir auf die Bank. “Wie spät ist es?”, fragst du. “Kurz vor sieben”, antwortete sie, und du lächelst. Da sei sie gerade pünktlich […]
Trennung
Die Bilder rannten mal wieder ohne ihn los, sein Körper verharrte noch. Er war nur in seinem Kopf, hatte ihn von seinem Herzen getrennt, gut von schlecht, das Wollen vom Sein. Da atmete er tief ein, denn er hatte es vergessen: Das Leben sollte Fülle sein. (47)
Autosave
Der gleiche Raum, die gleiche Frage, die gleiche Hand, die nach ihm griff. Zum Glück hatte er gespeichert, denn diesmal wusste er es besser. (24)
Zeitdruck
Wenn der Wecker klingelt, wartet schon die Straßenbahn, befiehlt schon der Chef, wartet schon das Mittagessen, ruft schon der Feierabend, muss noch die Wäsche gemacht werden, gibt’s noch ‘was im Fernsehen, und noch das Abendbrot, läuft schon das Wasser in die Wanne ein, wartet schon das Bett. (47)
Wunderkörper
Er hatte sich überschwemmen wollen, die Litermenge hatte im Internet gestanden. “Es ist ein Wunder, was der Körper alles aushält”, sagte er später zu seinen Freunden und rannte wieder zur Toilette. (31)